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4. Sonntag in der Fastenzeit - eine unhaltbare Predigt

Was man sonntags darf und was nicht, interessiert doch sowieso kaum jemanden, höchstens was im Veranstaltungskalender steht. Aber wenn die Kirchengebote uns sagen, wir sollten sonntags die Heilige Messe mitfeiern, finden wir das schon empörend. Wir lassen uns nichts vorschreiben. Wenigstens an dem Punkt halten wir es mit Jesus:

Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat.

Die Sachlage ist heute eine andere als damals, da Jesus den Blinden heilte, wie es im Evangelium in leichter Sprache so sehr langatmig berichtet wird. Aber im Grunde läuft es auf dasselbe raus: Wir wollen alles richtig machen. Nicht nur, dass uns niemand Vorschriften machen soll, wir wollen auch von niemandem zur Rechenschaft gezogen werden. Es geht um die Schuldfrage, die sich heute ganz anders stellt als damals. Die Gesetzeslehrer der damaligen Zeit waren machtvoll. Die Kirche war durch die Jahrhunderte machtvoll und ist es teilweise heute noch. Sie kann sagen, ob ein Mensch dazugehört oder nicht. Dass jeder seines Glückes eigener Schmied ist, wie es der Volksmund unserer Breiten sagt, kommt für den Einzelnen erschwerend dazu. Die Menschen der alten Zeit konnten einen Zusammenhang sehen zwischen Erkrankung und Sünde. Wir Heutigen sehen einen Zusammenhang zwischen Gesundheit und Ernährung/gesunder Lebensweise. Der Eine wie der Ander steckt in einer schwierigen Situation. Wir wissen alle, dass wir das Leben nicht regeln können. Wir können das Unsrige beitragen, bekommen viel geschenkt, manche zu große Last und das wirkt sich aus.

Jesus begegnet dem Blinden und heilt ihn. Warum auch nicht? Er kann es. Gott sei Dank, dass Jesus den Blinden geheilt hat. Ich könnte es nicht. 7 Semester Religionspädagogik habe ich studiert und allerhand Zusatzqualifikationen erworben, aber heilen kann ich nicht. Lernen kann ich und singen. J.R.R. Tolkien beginnt sein Silmarillion mit einem Schöpfungsbericht. Die Schöpfung beginnt mit dem Gesang der Ainur. Der Schöpfer lehrt die Ainur, dass der gemeinsame Gesang die Quelle des Lebens ist. Einer dieser Ainur ist Melkor, der später der "gefallene Engel" sein wird. Er singt im Chor schöner als alle anderen, weil ihm etwas Neues einfällt. Er hat Lust am Schönen und am Gesang und möchte das Beste dazu beitragen. Noch ist er ein Teil des Ganzes. Er bleibt es, bis er besser sein will als die anderen. Ob er besser ist als die anderen, sei dahingestellt. Fakt ist, dass das Leben nur gemeinsam gelingt. Dieses Gemeinsame war in der Kirche jahrhundertelang eine unter sozialem Druck erzwungene Gemeinschaft. Im 21. Jahrhundert wär "der gemeinsame Gesang" aller Gläubigen das Gebot der Stunde. So wie die Kirche im Begriff Depositum Fidei lehrt: Die Summe aller Gläubigen kann nicht irren, denn was dem Einzelnen zu glauben anvertraut ist, ist allen gemeinsam. Praktisch umsetzen ließe sich das vielleicht demnächst mit einer Onlineabstimmung. Bisher war es nicht möglich, alle christlich Glaubenden der ganzen Welt in einer Sache zu befragen.

Jesus wird auch von manchen Juden als Lehrer verstanden, der, wie andere Lehrer, seine Grundsätze hat bei der Auslegung des Talmud. Was denken Sie, was Jesus zur Grundlage hat? Was sind meine Grundsätze?

Mitten in der Fastenzeit frage ich mich, was mir wichtig ist. Wie beantworte ich die Fragen, die sich täglich stellen? Welche Prioritäten setze ich? Bin ich das Maß meines Lebens? Kann ich es hinnehmen, dass Jesus seinen Maßstab an mein Leben anlegt? Was kann ich von Jesus lernen?