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Wasser sparen - Verschwendung vermeiden

In Gesprächen mit vielen Menschen, die sich mit dem Klimawandel ernsthaft auseinandersetzen, konnte ich Beispiel für das Einsparen von Trinkwasser sammeln und probiere die nun aus. Fangen wir mal dem ekeligsten an:

Auf dem Clo

Meine Schwester spült nur alle drei Male nach dem Pinkeln. Das geht. Erst musste ich meinen Automatismus durchbrechen, denn der Griff zum Spültaster ist tief in mir verankert. Es fühlt sich seltsam an, nicht zu spülen, aber es geht, es stinkt nicht, die Bürste kann ich ja trotzdem nutzen.

Schüssel statt fließendes Wasser

Mal eben was abspülen oder das Gesicht waschen. Sowohl in der Küchenspüle als auch im Badezimmer steht nun eine Schüssel. Darin sind 1 - 2 Liter Wasser, die ich so gut wie möglich nutze, um Gemüse zu waschen, die Messer zwischendurch abzuspülen, die Hände zu waschen. Das geht gut. Dieses Brauchwasser eignet sich perfekt zum Blumengießen. Auch der Rasen und die Pflanzen in Töpfen auf der Terasse, ebenso die Stauden kommen mit diesem Wasser gut klar.

Wasserstopp beim Duschen

Unter der Dusche zu stehen tut gut. Aber momentan mache ich mich nur naß, seife mich ein und dusche mich dann ab. Überhaupt wasche ich mich seltener.

Haare wasche ich am Waschbecken mit der Schüssel. Danach warte ich, bis der Schaum vergangen ist und schütte das Wasser auf die Wiese. Dadurch sind einige grüne Flecken auf der ansonsten gelben Wiese entstanden.

Apfelreste für die Vögel

Bei manchen Äpfeln schmeckt der Kitsch mir nicht. Ich lege ihn unter einen Busch oder an den Rand einer Wiese. Die Vögel knabbern dadran, größere Vögel schleppen ihn sogar ab.

Frischwasser für die Tiere

Flache Teller und kleine Schüsseln mit Wasser sind für Vögel, Insekten und Eichhörnchen eine Wohltat. Bestimmt gehen auch andere Tiere da dran. In diese Gefäße kommt natürlich kein Brauchwasser.

 

Hotel Grenzfall - Berlin

Es ist ein Hotel, in dem Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eine Behinderung haben können. So wurde ich aufmerksam. Mittlerweile ist auch HomeOffice möglich https://hotel-grenzfall.de/hotel-berlin-mitte/home-office-im-hotel-berlin/

Die Speisekarte und das Frühstücksbuffet sind gut zu genießen, nicht zu groß, mit Selbstgemachten ( zum Beispiel Brombeermarmelade aus den Brombeeren, die wir im Garten pflücken konnten ). Das Personal ist geduldig. Das konnten wir im Juli 2022 mit 2 Kleinkindern testen. Es gibt 2 Triptraps. Es ist auch nicht schlimm, wenn wir uns selber bedienen an den Bereichen, die wir von Mitarbeitern genutzt sahen. So konnten wir uns eine Kuchengabel holen, denn Kinderbesteck gibt es leider nicht.

Unschlagbar ist der liebevoll gestaltete Garten, mit allerhand Sitzecken und lauschigen Plätzen. Ein Genuß nach einem Tag in der Großstadt. Auch wir Erwachsenen fanden es 1 A.

Die Betten sind bequem, die Steckdosen gut verteilt ... der Strom funktioniert leider nur, wenn die Zimmerkarte im dafür vorgesehenen Slot steckt. Blöde Technik für den Fall, dass das Handy während einer Pause im Hotel aufladen soll und wir mit leckeren Getränken im Garten sitzen. Nur wer mehr als eine Karte fürs Zimmer bekommen hat, hat eine Chance.

Was Corona zum Opfer fiel, sind die Zeitungen zum Frühstück.

Was dem Krieg zum Opfer fiel, ist der Reparaturservice, der wie alle anderen auf die Ersatzteile warten muss. Glücklicherweise gibt es einen Plan B für den defekten Aufzug. Im Nebengbäude ist ein weiterer Aufzug. Es gibt einen internen Zugang.

Neu war mir das Gästehaus mit 2 Appartements incl. Wasserkocher, Kühlschrank, Toaster und Geschirr (sie nennen es Kichenette). Das merken wir uns fürs nächste Mal. https://www.gaestehaus-lazarus-berlin.de/gaestehaus/ruhig-gelegene-hotelzimmer-im-gaestehaus-lazarus...

Das Hotel ist vom Hauptbahnhof mit der M 10 gut zu erreichen. Orientierungspunkt ist aus allen Himmelsrichtungen das Mauerfallmuseum.

 

Immer noch entsetzt von Frankfurt

Ausgangspunkt

Der Bahnhof.

2,5 Stunden Zeit.

Das mache ich gerne so: flanieren.

Diesmal Frankfurt

Alles voller Menschen. Viel Gedränge und Geschubse. Da sind wir im Ruhrgebiet achtsamer im Umgang miteinander. So wie in Frankfurt habe ich das noch nie in einer europäischen Großstadt erlebt. Die Einen wirken oberflächlich, die Anderen verzweifelt. Herrgott, wie viel monsterartige Gestalten durch die Welt laufen. Unglaublich. Und wie hilflos ein Mensch dabei sein kann. Dieser Dreck. Dieser ständige Lärm.

Den Blick zum Himmel, gegen die wuchtigen Hochäuser, in denen das Geld wohnt, habe ich direkt als wohltuend empfungen. Wenn nur das gewesen wäre, wäre es halt ein Teil Frankfurts.

Liebfrauenkirche

Da ist der Citypoint der katholischen Kirche.

Menschen kommen in den Hof und zünden Teelichter an einer Marienfigur an. Viele verschiedene Menschen. Aber sie sehen einander nicht an. Sie sehen sogar weg, wenn mal Bllickkontakt entsteht.

Man kann beichten und man kann ein Seelsorgegespräch bekommen.

Katharinenkirche

Eine aufmerksame Wächterin spricht Menschen an. Sie kann sogar verschiedene Sprachen. Es gibt eine Plakatwandausstellung der Diakonie über eine Bauwagensiedlung.

Kleine Markthalle

Wohl mittlerweile eher für Toristen gedacht. In einem Kellerraum grölen und streiten Besoffene. Ansonsten ein Markt in einer Halle. An den Wänden der öffentlichen Toilette (für Männer und Frauen) sind gut lesbare Ausdrucke geklebt: Die Toilettenbenutzung kostet nichts. Eine Clofrau in Maske und Handschuhen putzt und putzt und putzt und lädt die Menschen in die Kabinen ein. Die Toiletten werden ständig genutzt. Ich gebe ihr das Trinkgeld in die Hand.

In der Nähe des Goethehauses

Ein Platz mit Bäumen, Restaurants und Cafés, Menschen in der Sonne an Tischen. Ich nehme Platz. Aber auch da das gleiche Gehetze und die gleichen frustrierten Gesichter. Die Bedienung ist der einizige lächelnde Mensch (aber nur, wenn sie jemanden ansieht).

Café Utopia hinter dem Goethehaus. Plüschsofas drinnen, Gartenambiente draußen. Ein geschützter Raum, den man betreten muss, da geht man nicht mal eben vorbei. Theateratmosphäre.

Möglicherweise

Ob ich am Römer war, werde ich gefragt, als ich meiner Schwester von meinen Erfahrungen erzähle.

Meine Schwester hat eine Geschichte mit Frankfurt. Sie war oft dort, hat Menschen getroffen, Veranstaltungen besucht und Erinnerungen. Das mag etwas anderes sein.

Von einer Stippvisite nach Frankfurt rate ich dringend ab. Es ist ein Ausflüg in die Hölle.

 

 

2 Memes aus meiner beruflichen Startphase

In den 80igern hatten wir Gemeindereferentinnen im Bistum Essen in der Regel einen Mentor, der selber Geistlicher war. Der meinige hatte 2 Grundhaltungen für unsere gemeinsame Wirkmächtigkeit der Pastoral:

1. Damals und Heute: alles gleich

Er pflegte darauf hinzuweisen, dass in seinen beruflichen Anfängen sein Pfarrer ausgesprochen rüde mit ihm umging. So trafen sie sich zu Hausbesuchen, um je von einem Ende der Straße zu beginnen. Sie trafen sich im 1. Haus, das sein Pfarrer zu besuchen hatte, der vergnügt bei Kaffee und Kuchen (und Schnaps) saß, während mein Mentor die gesamte Straße abgegrast hatte.

Der Gipfel der Ungerechtigkeit bestand allerdings in der Aufsässigkeit der Kapläne, die nun ihm als gestandenem Pfarrer auf der Nase rumtanzten, statt, wie es doch hätte sein müssen, in Respekt vor seiner Würde allen Anweisungen Folge leisten sollten ohne Widerspruch.

Heute kann ich diese Beobachtung prinzipiell bestätigen. Denn in meinen beruflichen Anfängen besuchten wir jungen Hüpfer Fortbildungen und engagierten uns wie wild, während die Altvorderen im Weg standen und alles besser wussten. Dementsprechend gebärden sich die jungen Berufskollegen und -kolleginnen ziemlich altklug und hochnäsig, sind zu keinen Kompromissen bereit und meinen, mit ihnen begänne die neue Zeit.

2. Das Volk ist nicht mehr homogen

Mein Mentor ließ sich gerne über die Zeiten als Krankenhausseelsorger aus, in denen er mit einer Hostienschale auf den Stationen auftauchte, der berockte Messdiener eifrig bimmelte und nun die Kommunionausteilung von Bett zu Bett beginnen konnte. Das waren noch Zeiten. Wenn er zum Ende seiner Laufbahn in die Klinik gerufen wurde, musste er erst mit dem Kommunikanten klären, welcher Religion er angehört und wie er es gerne hätte (Mundkommunion? Hatte er bereits gebetet? Erwartet er eine Katechese? Was ist mit den Bettnachbarn?).

Das nicht mehr homogene Volk ist individualistisch. Dabei darf es das gar nicht. Die Deutungshoheit für den Glauben liegt beim Priester. (Ich zitiere ja bloß.)

Wenn heute ein Priester in der Heiligen Messe predigt, kann er sich nicht sicher sein, ob er verstanden wird. Die da vor ihm sitzen, sind gelangweilt, schalten auf Durchzug oder haben eine Art geistliche Bingotafel im Sinn, die er abarbeiten muss, wenn er bestehen will.

Wie geht 's weiter ?

Culture eats strategy for breakfast

Peter Drucker

Mit Gottvertrauen geht es weiter. Unabhängig von allen Themen werden diese beiden Aspekte bis in alle Ewigkeit bleiben:

1. Wir werden am Ende unserer beruflichen Laufbahn genau das erfahren, was uns bereits zu Beginn widerfuhr.

2. Erst arbeiten wir uns in die Materie ein, dann stellen wir fest, dass unsere Fähig- und Fertigkeiten nicht mehr taugen (was auch egal ist, weil wir dann ja am Ende unserer beruflichen Laufbahn sein werden).

Aber es wird auch immer so sein, dass Menschen nachwachsen. Die Welt ist voll engagierter junger Menschen. Sie haben Ideen und sehen alles aus ihrer Perspektive, mit ihren Erfahrungen und mit dem, was wir Älteren ihnen bieten. Sie sehen Dinge, die wir nicht sehen. Es geht immer weiter. Ein bisschen von dem fiesen Druck, der auf uns allen lastet, können wir nehmen. Gemeinsame Pläne bringen Klarheit in objektiv beschriebene Abläufe, die von Subjekten mit Leben gefüllt werden. Ich frage mich, wem ich vertrauen kann. Denn ich weiß nicht alles und kann darum wichtige Entscheidung in meinem Leben und in meinem Beruf nur mit Hilfe anderer Menschen treffen. Zumindest mein Christsein ist eine feste Größe. Alles andere ist offen und verhandelbar. Gewachsene Strukturen und Beziehungen wollen gepflegt werden oder gehören gekappt. Wer kann das entscheiden? Noch fragen wir so. Mir wäre es lieber, wir könnten gemeinsam entscheiden. Aber dazu bedarf es natürlich einer Struktur (die wiederum mit Kultur belebt wird und nie 1:1 umgesetzt werden kann).

Es ist kurz vor Pfingsten.

 

Katholikentag 2022 in Stuttgart: leben teilen

Logo des Katholikentages 202225. - 29. Mai 2022 in Stuttgart

Obwohl dieser Katholikentag der innovativste für unsere Kirche in Deutschland werden wird, kann ich leider nicht dabei sein. Glücklicherweise klappt die Vernetzung mit den Menschen vor Ort sehr gut und viele Veranstaltungen und Inhalte kann man online abrufen.

 

 

Weitermachen aus Selbstbewusstsein - dann geht es auch weiter

aus Publik-Forum 8 / 2022

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Weitermachen mit Rembrandt

Selbstsuche oder Pose? Rembrandt van Rijn malte sich immer wieder selbst

Von Udo Feist

Mit seinem Text »Rembrandt im Selbstbildnis« (aus dem Buch »Lachen und Sterben«, Zsolnay 2021) lotste mich der Essayist Franz Schuh aus Wien ins Kunsthistorische Museum ebendort. Erst einmal digital, bis ich das Bild in einem Band zu Hause fand. Schuh beginnt mit Gedanken zur Fassade – das Außen, zu dem es stets ein Innen geben müsse. Beispiel ist die aus Betonblöcken erbaute Wotrubakirche. Wie das dieser übergewichtige Geist-Tänzler so gut kann, springt er von ihr zur Operette »Land des Lächelns« (»Doch wie’s da drin aussieht, geht niemand etwas an«) und landet vor dem Bild, das der Holländer (1606-1669) in seinen Vierzigern gemalt hat (1652). Eine Frau war ihm bereits gestorben, ein Kind auch, der Bankrott stand noch bevor. Geblieben ist das Bild. Anders als in vielen der rund 50 weiteren Selbstporträts, die ihn prächtig ge- oder verkleidet zeigen – etwa in der Gestalt des Apostels Paulus –, sieht man ihn hier in Arbeitskleidung, seinem braunen Malerkittel. Technisch anspruchsvoll hält Rembrandt den Hintergrund im selben Ton. Gemalt vor einem Spiegel, anders geht’s ja nicht, sieht man vor allem, wie er schaut. Sein Blick zieht in den Bann. Wir sehen bloß, wie er sieht oder gesehen werden will: selbstbewusst, unerschrocken. Offen? Die Daumen stecken im Gürtel. Hingen die Arme lose, die Handflächen nach vorn gewandt, wäre das die Pose eines Fußball-Hooligans von Ajax Amsterdam mit der Botschaft: »Komm doch!« Derbe Provokation im Hochgefühl von Selbstwirksamkeit. Oder anders: Dieser Gealterte – gesichtsfurchig und sichtlich mit Doppelkinn – tritt Vermutungen los, wie es sie in Kunstgeschichtler-Deutungen denn auch zuhauf gegeben hat. Doch er wahrt sein Geheimnis. Rembrandt als Kraftmensch? Jedenfalls einer, der für was steht, mutmaßlich illusionsarm. Vielleicht wie der biblische Simson aus dem Richterbuch, dessen Hochzeit er ebenfalls malte, auf jene Szene verdichtet, als die Braut, nachdem sie das Geheimnis seiner Kraft endlich herausgequengelt hatte, es ihren Verwandten verrät. Ihr Blick im Bild ist ganz bei sich, nach vorn, von ihm weggewandt. Auch Simsons Blendung malte er, erschütternd wie die Geschichte selbst, indem der von der Blendung zerstörte Blick seltsam untot war. Die Faszination von Rembrandts Bildern liegt nie nur in malerischer Meisterschaft, sondern auch in dem fast spöttischen Augenzwinkern, das sie ahnen lassen. Als ginge es um Durchblick, der bei Simson allerdings was Unheimliches hat, als hätte er seither nach innen gezwinkert: Als Freak in Ketten soll er im Philister-Tempel Späße zeigen, reißt aber mit erneuerter Kraft dessen Säulen um und sich selbst wie die Peiniger in den Tod. An Haltung und Entschlossenheit deutet das Selbstbildnis Ähnliches an. Genau das lässt schaudern, zieht indes zugleich an. Grund der Irritation ist ein spürbar Leichtes in all dem lastenden Ernst. Wie ein Flackern im Irgendwo zwischen irr und existenziell – dennoch sympathisieren wir mit dem Blick, der überzeugend nicht auf Wahrheiten, sondern Wirklichkeit zu schauen scheint. Jeglicher Frömmigkeit unverdächtig, erzählt Schuh aus seiner Wehrpflichtzeit dies: »Weitermachen, heißt es beim Militär, wenn die Leute in der Stube gerade Gewehr putzen und ein Offizier kommt und stört und gibt den Befehl: weitermachen, bevor er verschwindet.« Und Schuh fährt fort: »Ein Nichtheld wie der auf Rembrandts Selbstporträt macht weiter, aber aus Selbstbewusstheit, weil er weiß, wenn er weitermacht, geht es auch weiter.« So lang es eben weitergeht oder -gehen kann. Was eigentlich schon reichlich erbaulich ist.

Udo Feist, geboren 1963, ist evangelischer Theologe und freier Journalist in Dortmund.

Wir sehen, wie er sieht oder gesehen werden will:  Rembrandts »Großes Selbstbildnis« von 1652 hängt im Kunsthistorischen Museum in Wien

»Ein Nichtheld macht weiter, aber aus Selbstbewusstheit, weil er weiß, wenn er weitermacht, geht es auch weiter« Franz Schuh

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Worte wie Feuerzungen - Eine Buchempfehlung

Gott zu begegnen wäre schön, aber irgendwie habe ich auch Angst davor. In ihrer Berufungsgeschichte erzählt Hildegard von Bingen von einer Begegnung mit Gott. Sie soll nicht das verkünden, was sie denkt, verkünden zu müssen, sondern das, was sie von Gott selber in Gottes Sprache hört. Ein Licht durchflutet sie. Ein grelles Licht. Sie verliert die Kontrolle über sich selbst.

Gott zu begegnen, verlangt ein starkes Selbstbewusstsein. Ich bin selbstbewusst. Aber ich fühle mich nicht stark.

Es gibt ein neues Buch, mit dessen Hilfe ich an dieser Stelle weiterkommen möchte.

Das große Hildegard von Bingen Lesebuch

Worte wie von Feuerzungen

Sr. Maura Zátony

Das hunsertdreiunddrölfzigste Lesebuch zu Hildegard von Bingen, aber mit Quellenangaben und statt einem Vorwort ein pädagogisch geschickt als "Lesenswertes vor der Lektüre" betiteltes Kapitel. Inhaltlich nichts Neues, aber es kommt auf die Didaktik an. Und die ist gelungen.

Wahrscheinlich finden Sie es in der gut sortierten Klosterbuchhandlung Ihres Vertrauens und können mal durchblättern. Es ist wie beim Kochbuch: Interessant wird es erst in der Praxis. Lesen, still sein, lesen, wirken lassen, in eigene Worte bringen (grade die Gebete und Lieder sind nicht so meine Sprache, aber wir können übersetzen).

Es kommen die ganz praktischen Lebensthemen wie Medizin und Persönlichkeitsentwicklung drin vor. Neu mag manchen beispielsweise der Diskretive Führungsstil sein. Hildegard von Bingen war Äbtissin mit einer Mission, die Politik nicht ausklammerte und die eigene Klostergemeinschaft nicht aus den Augen verlor. Da kann der Manager mit der dicken Hose noch was lernen. Nicht ohne Grund sind Kurse in Management und Auszeiten aller Art beliebt. Diese Zusammenschau all unserer Lebensfacetten macht Hildegard von Bingen für mich interessant. Ihre Antworten sind keine Kalendersprüche. Ihre Visionen sind sperrig. Gut so. Und dieses Lesebuch kann zwischen den Erkenntnissen der Hildegardforschung und dem ganz normalen zu lebenden Leben vermitteln.

Ob ich das Buch gelesen habe?

Natürlich nicht. Wie denn? Ich bleibe hängen und muss erst einmal das Gelesene auf Seite 32 durchschwitzen (Zitat Prof. Dr. Klaus Hollmann). Mit der Auswahl der Texte und den Einführungen von Sr. Maura Zátonyi kann ich was anfangen. Auch die Einteilung der Kapitel in Themen, die zwischen Hildegard von Bingen, ihrer Lebenswelt und der Jetztzeit changieren, ist klug und macht der Leserin Mut, die Lektüre zu wagen.  Das wird dauern. Ich werde sie weglegen, Notizen machen, die Notizen verlegen, mich erinnern, ... . Dieses Lesebuch ist nicht zum Durchlesen gedacht, finde ich, sondern zum Studium. Also nicht für die Klausur und den Master, sondern fürs lebenslange Lernen. Eine Lebensbegleiterin sozusagen. Das gefällt mir.

Ich habe das Buch nicht gelesen, ich lese darin. Immerzu.

 

 

Warstein - nach der Zusammenführung von Altstadt und Neustadt

Das Stadtmuseum im Stern hält Flyer und Broschüren bereit, die den Einstieg in die Stadtgeschichte erleichtern. Es ist kostenfrei zugänglich. Bis ich zu Fuß dort war, musste unter der kundigen Führung von Ludger Sicking in einem Bogen vom Bahnhof über die Diemelbrücke, am stillgelegten Bahnhof der Altstadt vorbei der Aufstieg zur Neustadt bewältigt werden.

Bemerkenswert

Erst gab es die Altstadt. Die Neustadt wurde vom Paderborner Erzbischof initiiert. Beide Städte hatten ein eigenes Rathaus und traten gemeinsam dem Hansebund bei.

Heute wirken die Altstadt und Neustadt mit Fachwerkhäusern beschaulich. In der Verlängerung der Fußgängerzone, die am Neuen Markt beginnt, latscht (sagt Ludger) unsereins aus dem Stammgebiet der Stadt und findet sich in einem Raum aus verwechselbaren Gebäuden landestypischer Einkaufszentren wieder. Lieber umdrehen.

Warburg gibt sich offensichtlich keine Mühe mit dem Tourismus. Weder gibt es ein attraktives Verzeichnis der Übernachtungsmöglichkeiten (ein DIN-A-4-Blatt liegt im Café aus), noch stimmen die Anbindungen an den öffentlichen Personennahverkehr (Borgentreich und Germete sind angebunden, aber wie). Für die günstige Lage am Diemelradweg kann Warburg nix. Diese ist ein fetter Pluspunkt.

Es gibt eine Initiative, die sich um Flüchtlinge kümmert. Sie ist in einer Straße der Neustadt ebenerdig als einladendes Ladenlokal gut auffindbar.

Lebendige Geschichte

Aufschriften an Fachverhäusern, kleine Plastiken an und in Gebäuden, farbige Gestaltung der Häuser, Steinpflaster und ein unschlagbarer Ausblick ins Land. Warburg macht Spaß. Mir fehlt der öffentliche Raum, der in Warburg (wie oft in Westfalen) wenig Raum für Kreativität und ungeplante Begegnung lässt. Das Urbane fehlt, das Dörfliche ist verloren. Was bleibt ist die Spannung der Geschichte der zwei Städte. Das Rathaus ist zwischen den Städten und hat jeweils einen Eingang für Altstadt und Neustadt. Eine gemeinsame Bedrohung führte dereinst zum Zusammenschluß.

Religionsgemeinschaften

Im Stadtbild fallen die Kirchen auf, im Museum die stillgelegten Klöster. Auch die jüdische Gemeinde hat ihre Geschichte. Der letzte jüdische Warburger wurde 1963 auf dem jüdischen Friedhof außerhalb der Stadtmauern beigesetzt. Das Wirtschaftsgymnasium der Stadt hat zur jüdischen Geschichte Warburgs einen ausgezeichneten Podcast veröffentlicht. Es gibt eine Moschee. Die Kirchen sind unübersehbar, wuchtig, passend zum "wir sind wir"-Stadtbild, das durch die Stadtmauer, die teilweise samt Türmen noch zu sehen ist, noch betont wird. "Wir sind wir". Aber wer sind wir? Die Reformation hat auch in Warburg einiges durcheinandergewirbelt. Wer sich mit dem Christentum nicht auskennt, wird sich über soviel Kirchtürme wundern. Eine Synagoge gibt es nicht mehr. Die Muslime fallen nicht auf. Wer mit dem Zug anreist, wird auf die Buddhisten aufmerksam, die allerdings sehr zurückhaltend im Bahnhofsgebäude meditieren und wohnen.

Wie werden wir, die wir nach dem guten Leben suchen, auf Dauer dem Materialismus und der Wachstumsökonomie begegnen? Menschen suchen. Zur Zeit stoßen sie auf geschlossene Türen oder hören Antworten auf Fragen, die sie nicht gestellt haben. Die Vielfalt der Religionsgemeinschaften sehe ich als große Chance, auf die bereits evaluierten Wege hinzuweisen. Ludger sagt: "Es gibt Schnittmengen. Eine ist die Meditation."  Eine weitere Schnittmenge ist aus meiner Sicht das Leiden. Wir gehen unterschiedlich damit um, aber wir dürfen es nicht verdrängen. Am Tag dieser Stadtführung begann die Heilige Woche. In den Heiligen Messen der katholischen Kirche wird traditionell die Passion gelesen und gehört.

Geschichte und Gegenwart

Auch in Warburg gibt es einen Kreuzweg, alt, aus Stein, führt er den Berg hinauf zum Friedhof. Das ist konsequent, denn das Leben endet augenscheinlich mit dem Tod. Dass dem nicht so ist, können wir nicht wissen. Schade, dass die Stationen nicht gepflegt werden. Müll liegt herum. Schade, dass es auch in Warburg wenig Bewusstsein in der Bürgerschaft gibt, die eigene Geschichte und Gegenwart zu pflegen. Eine gestiftete Bank wurde demoliert. Schrauben stehen gefährlich aus dem Holz. Auch in Warburg scheint mancher Mensch nicht ausgelastet oder eben desorientiert (Wo soll ich hin mit meiner Kraft?).

Das Attraktivste an Warburg ist diese Widerborstigkeit im Ursprung der Altstadt und der Neustadt. Zwei Städte, die Warburg heißen, an einem Ort. Das weißt auf die Prozesshaftigkeit aller lebendigen Vorgänge hin. Eine Feststellung gilt immer nur im Augenblick. Im nächsten Moment kann schon wieder was passiert sein und meine Einschätzung ist eine andere. Evangelisch und Katholisch, Könige und Bischöfe, Gemüse und Fleisch, Dauerregen und Dürre. Immer hilft der gemeinsame Feind, wenn wir in nachbarschaftlicher Wut uns die Köppe einschlagen wollen. Dann finden wir doch noch zusammen (auch wenn das neue Rathaus zwei Türen braucht).

Die Überschrift dieses Blogs ist eine Frechheit. Genauso frech wie die Kneipe, in der Warbruger Bier in der Speisekarte steht und Warsteiner Bier kredenzt wird. Warum verwechseln Menschen Warstein und Warburg? Es ist ein Rätsel.