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Der künstliche Kollege

Neulich ist es rausgekommen: Der Kollege, von dem ich hier immer berichte, den gibt es gar nicht. Er ist eine Kunstfigur. Stimmt ja auch: Ein Mensch alleine kann gar nicht so dämlich sein.

Nun, dieser Kollege also qutascht grundsätzlich in meine Wortbeiträge rein. Das wird immer unerträglicher. Ich scheue mich, ihn zur Rede zu stellen, weil seine Reaktion berrechenbar ist: Betroffenheit und "Laß uns drüber sprechen." Dann werden wir da sitzen und er wird mir erklären, warum er da gar nicht anders kann, als reinzugrätschen. Solange wir in der katholischen Kirche keine Gleichheit aller Menschen haben, wird das auch so bleiben. "Also!" ruft der Kollege empört: "Wir haben vor Gott alle die gleiche Würde. Du wirst doch zugeben, dass nicht alle gleich sind. Es gibt eben Menschen, die mehr Verantwortung haben und andere haben andere Aufgaben." So ist das. Und das wird immer schlimmer, denn an meinem neuen Wohnort, in dem Wohnprojekt Beginenhof, üben wir gewaltfreie Kommunikation. *zähneknirsch* Das ist wohltuend. Wir leben nicht im Paradies, aber wir reflektieren unser Tun und Reden. Und dann muss ich wieder hinaus in die Welt, die im beruflichen Alltag doch eigentlich ein Bild der Hoffnung sein sollte. Immerhin sind wir Christen. Und Christinnen.

Beschlagenes Fenster. Von außen presst eine Frau dagegen.

Photo by Priscilla Du Preez on Unsplash

Ich weiß, ich sollte etwas daraus lernen. Aber ich komm nicht drauf.

Eine Zeitlang bin ich immer wieder auf die Themen zurückgekommen, die ich angeschnitten hatte und die einfach abgeblockt wurden. Aber dann ist Schweigen in der Runde. Der Kollege guckt anstrengend auf die Tischplatte. Alle anderen gucken ausdruckslos vor sich hin. Der Chef ist verärgert. Aber er hat eine Schulung gemacht. Darum kommt er 15 Minuten später auf meinen Beitrag zurück und spricht ein paar verbindliche Worte. Das macht es nicht besser.

Ich hab aber auch Ideen (Betonung auf hab). Zum Beispiel komme ich immer wieder darauf zurück, dass wir nur 5 % der Gemeinde bespielen. Die meisten Menschen kommen einfach nicht in die Gemeinde. "Ja und?", ruft der Kollege und schüttelt verärgert den Kopf. "Was willst du denn jetzt schon wieder? Willst du die Welt retten?" Die anderen Kollegen sagen nichts. Und ich denke: Das hat jetzt irgendwas mit gewaltfreier Kommunikation zu tun. Aber ich komm nicht drauf.