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Lassen Sie uns den Paternalismus abschaffen

Das Wort Paternalismus ist mir in den letzten Jahren vermehrt durch Mitarbeitende in der Behindertenhiilfe zu Ohren gekommen, die in Weiterbildungen davon erfahren haben. In diesem Artikel soll es um Paternalismus in der katholischen Kirche gehen. Man sollte meinen, er gehöre dahin. Aber das widerspricht der Taufberufung.

Jedes Wochenende das Kneipperlebnis geistlicher Art. Ein Guß von stockkonservativ und mitnichten am Dialog interessiert und ein weiterer Guß von weltbewegt und den Armen zugewandten Experten des Christentums. In unserer Pfarrei gibt es mehr Gemeinden als Priester im Amt, also reisen ein Student, 3 Pensionierte, ein Pfarrer und ein Pastor umher. Jede Gemeinde hört am Sonntag eine Predigt, die von persönlichen Erfahrungen geprägt ist. Ein Diskurs findet nicht statt.

Der Laie, der die Situation in seinem Sinne ausnutzt

Wir haben vor Ort einen Priester, der an Gott so sehr glaubt und auf Gott vertraut, dass er Konzepte für überflüssig hält. Es gibt einen runden Tisch, an dem Aktive der Gemeinde Dinge beraten wie das Pfarrfest und die Fronleichmansprozession. Wenn man auf kurzem Weg was erreichen will, geht man einfach zum Pastor. Er sagt immer ja. So fand ich am vergangenen Sonntag Flugblätter von Kirche in Not, in denen die Anerkennung von Meðugorje angekündigt wird, nebst einem Flyer, der die Abläufe vor der Kirche in Meðugorje erklärt und Bilder der Menschen zeigt, die die Erscheinungen gesehen haben. Die Faltblätter werden so wenig mitgenommen wie andere Faltblätter. Ein bisschen sauer wurde ich schon, als ich kleine Medaillen für Kinder sah. Sie sind in einer Plastikhülle, in der sich ein kleiner Zettel befindet, mit dem die Kinder zu einem bestimmten Verhalten aufgefordert werden. Auf der anderen Seite des Zettels ist ein Zitat der Marienerscheinung, die sagt, wird würden vor Glück weinen, wenn wir wüssten, was sie alles für uns tun kann.

Im Grunde habe ich nichts dagegen, dass jeder Mensch den Weg zu Gott sucht und findet, der angemessen und zielführend ist. Aber ich habe etwas dagegen, wenn man anderen Menschen sagt, was sie zu tun haben.

Wer das Mikro hat, hat die Macht

Jeder Priester, der in unserer Gemeinde zelebriert, tut das so, wie es ihm richtig erscheint. Am vergangenen Sonntag sagte ein Priester in seiner Predigt, die Kirche stünde auf drei Säulen: Martyria, Eucharistia und Diakonia. Genau da liegt das Problem: Wir focussieren unsere Gottesdienste auf die Eucharistiefeier. Alles andere ist zweitrangig. Der Predigende berichtete von seiner aktuellen Lektüre: einem dreibändigen Werk von Eugen Drewermann, der im liberalen Kapitalismus das Übel unserer Zeit sehe. Selbstredend gab es anschließend verhaltenen Applaus, denn wir haben schon ganz andere Predigten gehört und waren dankbar, dass es so glimpflich abging.

Im Grunde ist nichts dagegen zu sagen, dass einer von dem redet, was ihn bewegt. Aber es ist nicht hilfreich, wenn der Priester der väterliche Leiter des Ganzen bleibt, der immer Recht hat und die Anliegen der Gemeindemitglieder vor lauter Arbeit nicht mehr im Sinn haben kann. Außerdem wird es Zeit, dass wir Wege finden, auf offensichtliche Fehler in dem, was Paternatilsten verkünden, aufmerksam zu machen. Noch besser wäre ein prozessorientierter Diskurs.

Taufberufung und Gremien der Zusammenarbeit

Zu Beginn der Pfarrgemeinderäte in Deutschland waren diese laut Satzung reine Beratungsgremien für den Pfarrer. Seit jener Zeit verlief die Entwicklung unertschiedlich. Die eine Gemeinde wurde von ihrem Pfarrer an der kurzen Leine gehalten, indem Geld für alles Wichtige da war und über Zusammenhänge (Entscheidungswege, Verantwortlichkeiten, Mitwirkungsmöglichkeiten) nicht informiert wurde. Die andere Gemeinde machte ihr Ding und ließ den Pfarrer einen guten Mann sein, musste aber die Scherben ihrer Arbeit mit dem neuen Pfarrer einsammeln, weil der das Ganze anders interpretierte als sein Vorgänger.

Heute wird an manchen Orten wieder mehr über Taufberufung geredet. Es gibt keine höhere Würde als die der Taufberufung. Es gibt unterschiedliche Gnadengaben, die alle zum Aufbau der Kirche/Pfarrei/Gemeinde dienen.

 

An Introduction to Fresh Expressions of Church from The Diocese of St Albans on Vimeo.

In einer unserer Gemeinden wurde ein Tag der Gemeinde begangen. Kein Priester konnte daran teilnehmen. Trotzdem wurde an einem für alle Mitwirkenden wohltuenden Tag mit Gebet, gemeinsamen Zeiten und Workshops das Fehlen eines Pastors bedauert. Kein Wort über die anwesenden und mitwirkenden Laien im kirchlichen Dienst. Immerhin brachte der Arbeitskreis, der diesen Tag geplant und durchgeführt hatte, sich zur Sprache. Ich wünsche den nichtberuflich tätigen Laien ein starken Bewusstsein für ihre Taufberufung und den Wert ihrer Tuns. Und es ist mir ein Anliegen, dass das Reden über die Umstrukturierung unserer Kirche in Respekt und Nächstenliebe stattfindet. Gut, dass da bereits einige unterwegs sind, auf die man weisen kann, mit denen man sich vernetzen kann.